Frühlingsahnung in trüben Zeiten

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Aufnahme vom 4. Februar 2021 von Katharina Kunkel-Müller

Frühlingsahnung

Rosa Wölkchen überm Wald
wissen noch vom Abendrot dahinter
überwunden ist der Winter,
Frühling kommt nun bald.

Unterm Monde silberweiß,
zwischen Wipfeln schwarz und kraus
flügelt eine Fledermaus
ihren ersten Kreis.

Rosa Wölkchen überm Wald
wissen noch vom Abendrot dahinter
überwunden ist der Winter,
Frühling kommt nun bald.

Christian Morgenstern
(1871-1914)
 
Frühling ist's

Frühling ist's! Die Hennen glucksen
Veilchen raus - und weiße Buxen.
Frauen schnüren sich geringer,
und der Bauer schiebt den Dünger.
Fliegen klettern unverdrossen
auf den Nasensommersprossen.
Ringsum blüht's an allen Hecken -
und es riecht aus den Ap'theken.
Ich steck mir voll Übermut
'nen Sonnenstrahl an meinen Hut.
Freudig jubeln und frohlocken
Kirchen-, Kuh- und Käseglocken.
Frühling wird's mit Vehemenz.
Auf grünen Filzpantoffeln naht der Lenz!

Fred Endrikat (1890-1942)
 
An eine junge Italienerin

Noch knirscht der Februar, von Schnee und Reif umschauert,
Der Regen peitscht das Dach, kalt pfeifts in den Alleen;
Du aber seufzest schon: Mein Gott, wie lang das dauert.
Wann werden im Gehölz wir Veilchen pflücken gehn?

Kind, Frankreichs Himmel ist ein Tränensieb. Im Pelze
Am flammenden Kamin sitzt fröstelnd unser Lenz;
Paris vergeht im Schmutz, wenn auf dem grünen Schmelze
Der Wiesen sein Geschmeid längst ausgelegt Florenz.

Sieh, kahl sind Park und Flur; zu warten gilts ein Weilchen.
Dich hat dein Herz getäuscht, das warm und südlich glüht;
Dein blaues Auge nur, sonst gibts hier noch kein Veilchen
Und keinen Lenz, als der auf deiner Wange blüht.

Théophile Gautier (1808-1872)